Mittelalterliche Stadt mit Stadtmauer (Symbolbild) |
Eine gewisse Gegenbewegung zur Territoriumsbildung war mit der Entstehung der mittelalterlichen Stadt und eines städtischen Selbstbewusstseins verbunden. Während die Städte des Rheinlandes häufig in direkter oder indirekter Tradition der Städte des römischen Reiches standen, hatte es im sächsischen Westfalen keine Städte gegeben. Die ältesten Stadtgründungen waren hier die Bischofssitze Osnabrück, Münster, Paderborn und Minden; später kamen Dortmund und Soest sowie zahlreiche weitere Städte hinzu.
Die größte Stadt war im 15. Jahrhundert Soest mit 10.000 bis 12.000 Einwohnern, gefolgt von Dortmund und Münster mit 7.000 bis 9.000 Einwohnern sowie Paderborn und Minden mit jeweils etwa 4.000 Einwohnern. Hier entwickelte sich schon bald ein bürgerliches Selbstbewusstsein. So übte die Bürgerschaft in Münster bereits 1180 das Steuererhebungsrecht aus; 1278 verließ der Bischof die Stadt und residierte seither auf Burg Wolbeck. Kaum anders in Paderborn, wo der Bischof nach Auseinandersetzungen mit den Bürgern 1275 die Stadt verließ und sich in Neuhaus niederließ.
Um die Dortmunder Kaiserpfalz entwickelte sich allmählich eine Siedlung, und spätestens am Ende des 10. Jahrhunderts muss ein Markt bestanden haben. Eine Stadtmauer bestand 1150. In der Mitte des 12. Jahrhunderts verlieh Konrad III. Dortmund die Stadtrechte, die 1236 von Kaiser Friedrich II. bestätigt wurden. Von Anfang an war Dortmund weder einem Bischof noch einem weltlichen Herrscher außer dem Kaiser unterstellt und ist damit die einzige Reichsstadt in Westfalen. Gegen den Versuch, die Souveränität der Stadt einzuschränken, konnte sich Dortmund Ende des 14. Jahrhunderts in der Großen Dortmunder Fehde gegen kriegerische Angriffe der benachbarten Grafschaft Mark und des Erzbistums Köln durchsetzen.
Dagegen stand Soest als Teil des Herzogtums Westfalen zunächst unter der Herrschaft der Erzbischöfe von Köln. Um 1100 gab es in Soest einen ständigen Markt und Marktgerichtsbarkeit. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts war bereits das Soester Stadtrecht ausgebildet, das in der Folge von etwa 60 westfälischen Städten, aber auch von Lübeck, übernommen wurde. Soest löste sich während der Soester Fehde 1444 bis 1449 von der Vorherrschaft des Kölner Erzbischofs und unterstellte sich dem Herzog von Kleve-Mark.
Den genannten ältesten westfälischen Städten war gemeinsam, dass sie nicht auf einen Gründungsakt zurückgingen, sondern sich aus kleinen an Bischofs- oder Königssitze angelehnten Siedlungen entwickelten. Ähnlich entstanden auch Geseke, Höxter, Herford und Medebach. Daneben wurden vor allem im 13. Jahrhundert zahlreiche Städte von den jeweiligen Territorialherren angelegt. Frühe Beispiele sind etwa Lippstadt (1185), Lemgo (vor 1200) und Rheda als Gründungen der lippischen Grafen. Die Kölner Erzbischöfe bauten in dieser Phase Werl zu einer Stadt aus; Brilon, Rüthen, Geseke und Attendorn wurden zu Beginn des 13. Jahrhunderts ebenfalls zu Städten erweitert. Im Bistum Münster gehen Coesfeld und Warendorf auf ältere Siedlungen zurück, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts zu Städten erhoben wurden. Ähnliches gilt auch für Ahlen, Beckum, Bocholt und Telgte (alle mit Stadtrechten bis 1240). Im Bistum Paderborn ging die Stadtentwicklung zunächst nicht so sehr von den Bischöfen, sondern wie in Warburg, Büren und Brakel von lokalen Adelsgeschlechtern aus. Die Grafen von Arnsberg verliehen der unterhalb ihrer Burg entstandenen Siedlung Arnsberg 1237 Stadtrechte.
Einen Sonderfall unter den Stadtgründungen des Mittelalters in Westfalen nimmt die
Stadt Hamm ein; die Gründung Hamms geht auf ein reichspolitisches Ereignis zurück,
die Ermordung des Kölner Erzbischofs und Reichsverwesers
Engelbert I. von Köln im Jahr 1225
durch dessen Verwandten Friedrich von Altena-Isenberg.
Graf Friedrich wurde für diesen Frevel auf das Rad
geflochten, seine Besitzungen Burg und
Stadt Nienbrügge sowie
seine Isenburg
bei Hattingen wurden als Sühne zerstört.
Adolf I., Graf von Altena-Mark,
ebenfalls ein Verwandter Friedrichs und des Ermordeten Engelberts, ergriff nun
die Partei des Erzbistums und gelangte so
in den Besitz des größten Teils der Altena-Isenbergschen Erbgüter.
Er siedelte nach Vollstreckung des Urteils an Nienbrügge die heimatlos gewordenen Nienbrügger
nur wenige hundert Meter flussaufwärts am Zusammenfluss
von Lippe
und Ahse in seiner
neuen Planstadt an.
Am Aschermittwoch 1226 verlieh ihr der Graf das
vom Lippstädter Stadtrecht abgeleitete Recht.
Die Grafen von Ravensberg erhoben 1214 Bielefeld zur Stadt. Während die älteren Gründungsstädte oft als Handels- und Gewerbestädte dem Vorbild der gewachsenen Städte ähnelten, waren die Stadtgründungen zwischen 1240 und 1290 deutlich kleiner, und der Fernhandel spielte nur eine geringe Rolle. Die nach 1290 gegründeten Städte zählten meist zum Typus von bewusst geschaffenen Minderstädten. Diese werden je nach Region Wigbolde, Freiheiten oder Flecken genannt, hatten zwar im Kern stadtähnliche Rechte, meist aber keine Stadtmauer und waren von ihrem Äußeren und ihrer inneren Struktur von größeren Dörfern kaum zu unterscheiden.
Quelle: Aus Wikipedia, Seite „Geschichte Westfalens“, Herausgeber: Wikipedia, Autoren: Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte, Datum des Abrufs: 26. Februar 2024. Lizenzbedingungen: CC BY-SA 4.0. Der Text wurde bearbeitet und unterliegt den gleichen Lizenzbedingungen.